Hier ist unsere erste Einschätzung und Presserklärung zum OVG-Beschluss vom 27.Mai 2004
Beschluss vom 27.Mai 04 im Originaltext
NIEDERSÄCHSISCHES
OBERVERWALTUNGSGERICHT
Az.: 8 ME 41704 und 8 ME 42/04
5 B 7704 und 5 B 13/04
BESCHLUSS
In den Verwaltungsrechtssachen1. der Frau Sylke Urhahn,
Amselweg 1, 35649 Bischoffen – 8 ME 41/04 -,
2. des Herrn Bernd Joschko,
Amselweg 1, 35649 Bischoffen, - 8 ME 42/04 -.
Antragsteller und Beschwerdeführer,
Proz.-Bev. zu 1. und 2.: Rechtsanwalt Prof. Dr. Rxxxxx
g e g e nden Landkreis Goslar, vertreten durch den Landrat,
Klubgartenstraße 11, 38650 Goslar, - 53.0.3.1. -,
Antragsgegner und Beschwerdegegner,
Streitgegenstand: Untersagung der selbständigen Ausübung der
Synergetik –Therapie und des Synergetik- Profiling
- Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes –
Hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht – 8. Senat – am 27. Mai 2004 beschlossen : Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig – 6. Kammer – vom 13. Februar 2004 geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 8. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 15. April 2004 wird angeordnet bzw. wiederhergestellt.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 8. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 23. März 2004 wird angeordnet bzw. wiederhergestellt. Der Antragsgegner trägt die Kosten der gesamten Verfahren. Der Streitwert der Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 10.000,-- EUR festgesetzt.
G R Ü N D E
Die Beschwerde der Antragsteller ist begründet.
Denn das Verwaltungsgericht hat ihre Anträge auf Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes gegen die angefochtenen Bescheide in der Gestalt der Widerspruchsbescheide,
durch die der Antragsgegner den Antragstellern die selbständige Ausübung
der Synergetik-Therapie und des Synergetik-Profiling unter Anordnung der sofortigen
Vollziehung und Androhung eines Zwangsgeldes von jeweils 5.000,-- EUR untersagt
und ihnen die Entfernung des Schildes „Synergetik-Therapie-Praxis“
aus ihren Praxisräumen in Goslar unter Anordnung der sofortigen Vollziehung
aufgegeben hat, zu Unrecht abgelehnt.
Das Verwaltungsgericht hat die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes damit
begründet, dass keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen
Bescheide bestünden. Die Ausübung der Synergetik-Therapie und des
Synergetik-Profiling verstoße gegen § 1 Abs. 1 des Heilpraktikergesetzes,
weil die Antragsteller keine Heilpraktikererlaubnis vorweisen könnten.
Nach § 1 Abs. 2 des Heilpraktikergesetzes stelle jede berufs- oder gewerbsmäßig
vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten,
Leiden oder Körperschäden bei Menschen Ausübung von Heilkunde
dar. Bei verfassungskonformer Auslegung liege stets dann Heilkunde vor, wenn
die Tätigkeit nach allgemeiner Auffassung medizinische Fachkenntnisse voraussetze
und bei generalisierender und typisierender Betrachtungsweise gesundheitliche
Schäden verursachen könne. Darüber hinaus fielen auch solche
Verrichtungen unter die Erlaubnispflicht, die eine Gesundheitsgefährdung
mittelbar dadurch zur Folge haben könnten, dass die Behandelten die Anwendung
gebotener medizinischer Heilmethoden unterliegen oder verzögerten, weil
der Heilbehandler nicht über das nötige Fachwissen verfüge, um
entscheiden zu können, wann eine medizinische Heilbehandlung notwendig
sei. Ausgehend davon handele es sich bei der Ausübung der Synergetik-Therapie
und des Synergetik-Profiling um Keilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes.
Der Antragsgegner habe in den angefochtenen Bescheiden darauf hingewiesen, dass
schon im Hinblick auf die Methode der sogenannten Tiefenentspannung medizinische
Fähigkeiten erforderlich seien, da anderenfalls der Patient geschädigt
werden könne. Dies werde durch die Stellungnahme von Prof. Dr. Revenstorf
vom 27. Juni 2003 bestätigt. Ob dessen Annahme, dass die Methode der Antragsteller
mit einer Hypnosebehandlung vergleichbar sei, zutreffe, brauche im vorliegenden
Verfahren indessen nicht vertieft werden, weil für die Annahme der Heilkunde
ausreichend sei, dass die Synergetik-Therapie und das Synergetik-Profiling mittelbar
Gesundheitsgefahren zur Folge hätten. Nach dem Selbstverständnis der
Antragsteller von der Synergetik-Therapie bestehe die erhebliche Gefahr, dass
die von ihnen behandelten Personen die Anwendung gebotener medizinischer Heilmethoden
unterließen oder verzögerten. Die Antragsteller, die über kein
medizinisches Fachwissen verfügen, empfehlten „Hintergrundauflösung“
statt „Bekämpfung“ von Krankheiten. Nach ihrem Selbstverständnis
seien die herkömmlich als Krankheiten bezeichneten „Abstraktionen“
lediglich Symptome, deren Bekämpfung keine Heilung verspreche. Geeignet
sei allein die durch die „Begleitung“ von Synergetik-Therapeuten
möglich werdende Selbstheilung. Nach der Auffassung der Synergetik-Therapeuten
liege der Schlüssel zur Heilung gerade nicht in der Behandlung durch Ärzte
oder andere geschulte Heilkundler, sondern in der Arbeit an sich selbst durch
Selbstheilung. Daher müssten die mit etwaigen Nebenwirkungen verbundenen
medizinischen Behandlungen nicht nur als unnötig, sondern auch als schädlich
angesehen werden. Gerade im Falle von Brustkrebs, bei dem nach Ansicht der Antragsteller
eine medizinische Behandlung nicht angezeigt sei, sei eine frühzeitige
ärztliche Behandlung aber möglicherweise überlebensnotwendig.
Ob die Antragsteller im Einzelfall ihre Patienten bzw. Klienten gefährdeten,
sei unerheblich. Entscheidend sei die objektive Gefahr, dass Patienten aufgrund
des Selbstverständnisses der Synergetik-Therapie von einer als unnötig,
wenn nicht gar gefährlich eingestuften medizinischen Behandlung Abstand
nähmen. Die Untersagung der Ausübung der Synergetik-Therapie und des
Synergetik-Profiling sei auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Die Anordnungen des
Antragsgegners, das Hinweisschild auf die Synergetik-Therapie-Praxis der Antragsteller
zu entfernen, und die Zwangsgeldandrohungen könnten ebenfalls nicht beanstandet
werden.
Diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts begegnet durchgreifenden rechtlichen
Bedenken.
Die gerichtliche Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung
der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs setzt eine Abwägung des
Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts
bis zur endgültigen Entscheidung über seine Rechtsmäßigkeit
verschont zu bleiben, gegen das zumeist öffentliche Interesse an dessen
sofortiger Vollziehung voraus. Diese Abwägung fällt in der Regel zu
Lasten des Antragstellers aus, wenn bereits im Aussetzungsverfahren zu erkennen
ist, dass sein Rechtsbehelf offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet
(BVerfG, Beschl. V. 11.2.1982 – 2 BvR 77/82 – NVwZ 1982 S. 241;
BVerwG, Beschl. V. 9.9.1996 – 11 VR 31/95 -; Finkelnburg/Jank, vorläufiger
Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., Rn. 858). Dagegen überwiegt
das Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in aller Regel,
wenn sich der Rechtsbehelf als offensichtlich begründet erweist (BVerwG,
Beschl. V. 20.10.1995 – 1 VR 1/95-). Lässt sich die Rechtsmäßigkeit
der Maßnahme bei der im Aussetzungsverfahren nur möglichen summarischen
Prüfung (vgl. dazu BVerwG, Beschl. V. 11.9.1998 – 11 VR 6/98 -) jedoch
nicht hinreichend sicher beurteilen, kommt es auf eine Abwägung der widerstreitenden
Interessen an (vgl. BVerfG, Beschl. V. 22.2.2002 – 1 BvR 300/02 –
NJW 2002 S. 2225, m.w.N.; BVerwG, Beschl. V. 29.4.1974 – IV C 21.74 –
DVBl. 1974 S. 566; Senatsbeschl. V. 15.7.2003 – 8 ME 96/03 -; Senatsbeschl.
V. 11.4.2002 – 8 ME 66/02 -; Senatsbeschl. V. 26.9.2002 – 8 MA 18/02-;
Finkelnburg/Jank, Rn 864).
Ein Fall der letztgenannten Art liegt hier vor, weil die angefochtenen Bescheide
bei summarischer Prüfung weder als offensichtlich rechtmäßig
noch als offensichtlich rechtswidrig angesehen werden können.
Gemäß § 1 Abs. 1 des Heilpraktikergesetzes – HPG –
bedarf der Erlaubnis, wer die Heilkunde ohne Bestallung als Arzt ausüben
will. Nach § 1 Abs. 2 HPG ist Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses
Gesetzes jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit
zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leider oder Körperschäden
bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Dabei
sind jedoch nur solche Tätigkeiten relevant, die nach allgemeiner Auffassung
ärztliche Fachkenntnisse erfordern und gesundheitliche Schäden verursachen
können, da der Begriff „Ausübung der Heilkunde“ im Hinblick
auf die mit dem Erlaubniszwang verbundene Beschränkung der Berufsfreiheit
des Art. 12 Abs. 1 GG aus Gründen der Verhältnismäßigkeit
einschränkend auszulegen ist (vgl. BVerwG, Urt. V. 11.11.1993 – 3
C 45/92 – BVerwGE 94, 269, m.w.N.). Darüber hinaus erfasst §
1 Abs. 2 HPG Verrichtungen, die für sich gesehen keine ärztlichen
Fachkenntnisse voraussetzen, aber Gesundheitsgefährdungen mittelbar dadurch
zur Folge haben können, dass ein frühzeitiges Erkennen ernster Leiden,
das ärztliches Fachwissen voraussetzt, verzögert wird, sofern die
Gefahr solcher Gefährdungen nicht nur geringfügig ist (BVerwG, Urt.
V. 11.1.1993, a.a.O., m.w.N.; BVerfG, Beschl. V. 7.8.2000 – 1 BvR 254/99
– DVBl. 2000 S. 1765). Eine derartige mittelbare Gefahr besteht z.B. Dann,
wenn die in Rede stehende Heilbehandlung als eine die ärztliche Berufsausübung
ersetzende Tätigkeit erscheint (BVerwG, Urt. V. 11.11.1993, a.a.O.).
Dass die Synergetik-Therapie oder das Synergetik-Profiling gemessen an diesen
Kriterien als Ausübung von Heilkunde im Sinne des § 1 Abs. 2 HPG anzusehen
ist und daher nach § 1 Abs. 1 HPG nicht ohne eine Erlaubnis durchgeführt
werden darf, ist bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung nicht
offensichtlich.
Zunächst lässt sich bei summarischer Prüfung nicht hinreichend
sicher feststellen, dass die Ausübung der Synergetik-Therapie oder des
Synergetik-Profiling deshalb Heilkunde darstellt, weil sie nach allgemeiner
Auffassung medizinische Kenntnisse voraussetzt. Prof. Dr. Revenstorf hat in
einer vom Gesundheitsamt des Antragsgegners eingeholten Stellungnahme vom 27.
Juni 2003 zwar ausgeführt, nach Durchsicht der Unterlagen könne er
die Überzeugung des Amtsarztes Dr. Hepp bestätigen, dass es sich bei
der Synergetik-Therapie um ein Verfahren der Tiefenentspannung handele, das
fließende Übergänge zur hypnotischen Induktion enthalte. Für
diese Art der therapeutischen Intervention seien Kontraindikationen bekannt,
so dass eine entsprechende psychotherapeutische Ausbildung erforderlich und
eine Ausbildung in autogenem Training oder Hypnosetherapie angezeigt sei. Dass
die in dieser Stellungnahme vertretene Auffassung zutreffend ist, ist bei summarischer
Prüfung aber nicht offensichtlich. Zum einen ist nicht bekannt, ob Prof.
Dr. Revenstorf alle für die Beurteilung der Synergetik-Therapie erforderlichen
Unterlagen vorgelegen haben. Zum anderen bestreiten die Antragsteller entschieden,
dass während einer synergetischen Innenweltreise Suggestion oder Hypnose
angewandt wird. Außerdem lässt sich der Stellungnahme von Prof. Dr.
Revenstorf nicht entnehmen, ob für die Ausübung der Synergetik-Therapie
oder des Synergetik-Profiling auch nach allgemeiner Auffassung, auf die es nach
der höchstrichterlichen Rechtsprechung ankommt, medizinische Fachkenntnisse
erforderlich sind. Die Stellungnahme besagt nicht, dass die Notwendigkeit derartiger
Kenntnisse bei der Durchführung der o. g. Tätigkeiten allgemein anerkannt
ist. Daher ist bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung keineswegs
offensichtlich, dass die Ausübung der Synergetik-Therapie und des Synergetik-Profiling
schon deshalb als Heilkunde anzusehen ist, weil sie nach allgemeiner Auffassung
medizinische Fachkenntnisse voraussetzt.
Des Weiteren ist nicht offensichtlich, dass eine mehr als geringfügige
Gefahr besteht, dass ein frühzeitiges Erkennen ernster Krankheiten, das
ärztliche Fachwissen voraussetzt, bei den Personen, die die Dienste von
Synergetik-Therapeuten in Anspruch nehmen, verzögert wird. Das Verwaltungsgericht
hat derartige mittelbare Gesundheitsgefahren mit dem Hinweis auf das Selbstverständnis
der Antragsteller allerdings bejaht. Die Antragsteller empfehlten „Hintergrundauflösung“
statt „Bekämpfung“ der Krankheit. Nach ihrem Selbstverständnis
seien die herkömmlich als Krankheiten bezeichneten „Abstraktionen“
lediglich Symptome, deren Bekämpfung keine Heilung versprächen. Geeignet
sei allein die durch die „Begleitung“ von Synergetik-Therapeuten
möglich werdende Selbstheilung. Nach der Auffassung der Synergetik-Therapeuten
liege der Schlüssel zur Heilung gerade nicht in der Behandlung durch Ärzte
oder andere geschulte Heilkundler, sondern in der Arbeit an sich selbst durch
Selbstheilung. Daher müssten mit etwaigen Nebenwirkungen verbundene medizinische
Behandlungen nicht nur als unnötig, sondern auch als schädlich angesehen
werden.
Diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts steht jedoch der Inhalt der
„Informationen zu den Synergetik Therapie Einzelsitzungen“ entgegen,
die nach Angaben der Antragsteller allen Klienten vor Beginn einer Probesitzung
erteilt und mit ihnen erörtert werden. Danach wird der Klient schon der
ersten Probesitzung darauf hingewiesen, dass er sich mit einem Arzt seines Vertrauens
beraten soll und dass der Therapeut eine Zusammenarbeit mit diesem Arzt begrüßt.
Die o.g. Informationen besagen außerdem, dass im Zusammenhang mit der
Synergetik-Therapie keine Diagnosen oder Therapien im medizinischen Sinne durchgeführt
werden. Der Klient wisse, dass ein Synergetik-Therapeut über keine medizinische
Qualifikation verfüge. Deshalb entstehe bei ihm auch nicht der Eindruck,
durch einen Mediziner bzw. im medizinischen Sinne beraten zu werden. Mit der
Therapieberatung werde darüber hinaus keine Entscheidung getroffen, ob
und in welchem Umfang eine medizinische oder psychotherapeutische Versorgung
von dem Klienten in Anspruch genommen werden solle oder müsse. Der Klient
trage für diese Entscheidung die alleinige Verantwortung. Dementsprechend
betonen die Antragsteller, dass jeder Klient ausdrücklich darauf hingewiesen
werde, dass die Synergetik-Therapie oder das Synergetik-Profiling eine ärztliche
Behandlung nicht ersetzen könne und daher eine Konsultation eines Arztes
dringend angeraten werde.
Dass diese Darstellung, deren Richtigkeit die Antragsteller durch eidesstattliche
Erklärungen bekräftigt haben, nicht zutreffen ist, ist bei summarischer
Prüfung nicht offensichtlich. Daher kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen
werden, dass eine mehr als geringfügige Gefahr besteht, dass ein frühzeitiges
Erkennen ernster Krankheiten, das ärztliches Fachwissen voraussetzt, bei
den Personen, die die Dienste von Synergetik-Therapeuten in Anspruch nehmen,
verzögert wird. Ob dies tatsächlich der Fall ist, bedarf einer eingehenden
Prüfung im Hauptsacheverfahren. Dabei wird u. a. zu klären sein, inwieweit
die Synergetik-Therapie und das Synergetik-Profiling nach ihrem Erscheinungsbild
der ärztlichen Tätigkeit noch entspricht. Denn das Gefährdungspotential,
das allein geeignet ist, die Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz auszulösen,
wird desto geringer, je weiter sich das Erscheinungsbild des Therapeuten von
ärztlicher Behandlung entfernt (BVerfG, Beschl. V. 2.3.2004 – 1 BvR
784/03 -). Das gilt in besonderem Maße bei schwereren Krankheiten. Außerdem
wird zu berücksichtigen sein, dass die Gefahr, notwendige Hilfe zu versäumen,
eher vergrößert wird, wenn die Synergetik-Therapie als Teil der Berufsausübung
von Heilpraktikern angesehen wird (vgl. BVerfG, Beschl. V. 2.3.2004, a.a.O.).
Ferner darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Möglichkeit
allein, dass ein gebotener Arztbesuch unterbleibt, nicht ausreicht, um eine
mittelbare Gesundheitsgefährdung zu begründen, weil eine Gefährdung
durch die Vernachlässigung notwendiger ärztlicher Behandlung niemals
mit Sicherheit auszuschließen ist, wenn Kranke außer bei Ärzten
bei anderen Menschen Hilfe suchen (BVerfG, Beschl. V. 2.3.2004, a.a.O.; Beschl.
v. 7.8.2000, a.a.O.).
Angesichts des demnach bestehenden Klärungsbedarfs ist bei summarischer
Prüfung keineswegs offensichtlich, dass die Ausübung der Synergetik-Therapie
oder des Synergetik-Profiling einer Erlaubnis nach § 1 HPG bedarf. Andererseits
kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Antragsteller diese
Tätigkeiten ohne eine derartige Erlaubnis betreiben dürfen. Daher
können die Verbote der selbständigen Ausübung der Synergetik-Therapie
und des Synergetik-Profiling, die Anordnungen, das Schild „Synergetik-Therapie-Praxis“
aus den Praxisräumen in Goslar zu entfernen, und die Zwangsgeldandrohungen
weder als offensichtlich rechtmäßig noch als offensichtlich rechtswidrig
angesehen werden.
Infolgedessen hängt die Entscheidung über die Gewährung
vorläufigen Rechtsschutzes allein von der Abwägung der gegenläufigen
Interessen ab. Diese Interessenabwägung geht zu Gunsten der Antragsteller
aus. Würde den Antragstellern vorläufiger Rechtsschutz gegen die Beschiede
des Antragsgegners versagt bleiben, müssten sie ihre Tätigkeit als
Synergetik-Therapeuten und Synergetik-Profiler auf dem Gebiet des Antragsgegners
einstellen. Damit müssten sie bis zur endgültigen Entscheidung über
die Rechtsmäßigkeit der Verwaltungsakte einen Eingriff in ihre durch
Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Freiheit der Berufsausübung hinnehmen.
Außerdem entstünden ihnen nicht unerhebliche wirtschaftliche Nachteile,
weil sie ihre Praxis in Goslar vorübergehend nicht weiter betreiben könnten.
Das Interesse der Antragsteller, diese Nachteile abzuwenden, geht dem Interesse
des Antragsgegners an einer sofortigen Untersagung der o. g. Tätigkeiten
vor. Zwar ist nicht auszuschließen, dass die Antragsteller diese Tätigkeit
rechtswidrig ausüben, weil sie keine Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 HPG
besitzen. Es bestehen aber keine Anhaltspunkte dafür, dass konkrete Gefahren
für potentielle Patienten entstehen, wenn die Verfügungen des Antragsgegners
vor der endgültigen Entscheidung über ihre Rechtmäßigkeit
nicht vollzogen werden. Dem Vorbringen der Beteiligten und den Verwaltungsvorgängen
lassen sich keine konkreten Hinweise darauf entnehmen, dass die Ausübung
der Synergetik-Therapie und des Synergetik-Profiling in der Vergangenheit schon
derartige Gefahren zur Folge gehabt hat. Daher erscheint eine sofortige Vollziehung
der angefochtenen Bescheide nicht als dringend erforderlich. Folglich ist den
Antragstellern der beantragte vorläufige Rechtschutz zu gewähren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwerts beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3
Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 3 GkG).
Meyer-Lang Schwermer Vogel